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Antrag auf Istbesteuerung von Umsätzen - Eingereichte Unterlagen müssen Willen erkennen lassen

Führt ein Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus, kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die sogenannte Istbesteuerung zurückgegriffen werden (§ 20 UStG). Anders als bei der sogenannten Sollbesteuerung richtet sich die Höhe der an das Finanzamt abzuführenden Umsatzsteuer dann nach vereinnahmten statt nach vereinbarten Entgelten. Das bedeutet: Erst wenn die aus dem jeweiligen Umsatz resultierende Umsatzsteuer vereinnahmt, also tatsächlich zugeflossen ist, besteht die Notwendigkeit, den betreffenden Steuerbetrag in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und/oder Umsatzsteuerjahreserklärung anzugeben und an das Finanzamt abzuführen.

Aus der Anwendung der Istbesteuerung resultiert damit ein Liquiditätsvorteil, denn erst wenn der Erlös aus einem Verkauf in der eigenen Tasche gelandet ist, muss die dann ebenfalls zugeflossene Umsatzsteuer an das Finanzamt gezahlt werden.

Die Anwendung der Istbesteuerung setzt einen formlosen Antrag an das Finanzamt voraus. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind – bei der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb zum Beispiel ein maximaler Gesamtumsatz im Vorjahr von höchstens 600.000 € – stimmt das Finanzamt einem solchen Antrag zu.

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat entschieden, dass der Antrag auf Istbesteuerung auch durch schlüssiges Handeln, also konkludent gestellt werden kann. Allerdings müsse die jeweilige Handlung auch klar erkennen lassen, dass die Umsätze (und damit auch die Umsatzsteuer) auf Grundlage der tatsächlichen Einnahmen erklärt werden. Ein konkludenter Antrag kann sich zum Beispiel daraus ergeben, dass eine Umsatzsteuererklärung eingereicht wird, die mit den Angaben in der ebenfalls abgegebenen Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) korreliert und das Finanzamt daran die Ermittlung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten eindeutig erkennen kann.

Genau an einer solchen klaren Handlung fehlte es allerdings im Streitfall: Ein Unternehmer erbrachte über mehrere Jahre umsatzsteuerpflichtige Beratungsleistungen. Die dem Auftraggeber in Rechnung gestellten Beträge wurden allerdings nicht beglichen. Innerhalb des Streitzeitraums, der sich über mehrere Jahre erstreckte, stellte der Berater beim Finanzamt keinen Antrag auf Versteuerung seiner Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Die für die Streitjahre vom Steuerpflichtigen abgegebenen Einkommensteuererklärungen enthielten keinen Hinweis auf Einkünfte, welche der Umsatzsteuer unterliegen könnten. Umsatzsteuererklärungen gab der Steuerpflichtige für die Streitjahre nicht ab.

Mangels eindeutiger Hinweise auf die Beantragung der Istbesteuerung ging das Finanzamt von der Sollbesteuerung aus und setzte nachträglich für mehrere Jahre Umsatzsteuer fest. Und das zurecht, wie das FG Hamburg feststellte (Urteil vom 23.7.2021 – 2 K 205/20).

Der Steuerpflichtige versuchte noch, aus der finanziellen Misere (in Gestalt der Verpflichtung zur nachträglichen Zahlung von Umsatzsteuer) zu entkommen, indem er auf eine andere selbstständige Tätigkeit verwies, die schon viele Jahre zurücklag und durch eine Betriebsaufgabe beendet wurde. Denn bei der damaligen Tätigkeit deuteten Indizien auf die Zustimmung des Finanzamtes zur Istbesteuerung hin. Und da diese Zustimmung nie widerrufen wurde, pochte der Unternehmer auf ihre weitere Gültigkeit.

Diese Hoffnung machte das FG Hamburg allerdings zunichte. Denn die Genehmigung der Istbesteuerung ist an die Unternehmereigenschaft und das jeweilige Unternehmen gekoppelt. Wurde das Unternehmen wie im konkreten Fall aufgegeben, wird eine erteilte Genehmigung gegenstandslos. Bei Aufnahme einer neuen unternehmerischen Betätigung ist demnach auch ein neuer Antrag (und damit wieder eine entsprechende Genehmigung) erforderlich.

News vom 21.12.2022