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Grunderwerbsteuer bei bestockten Flächen - Aufwuchs ist Scheinbestandteil

Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 25.01.2022 (II R 36/19) und vom 23.02.2022 (II R 45/19) sollten dazu beitragen, die Streitigkeiten zwischen Finanzämtern und Steuerpflichtigen über die Höhe der Bemessungsgrundlage beim Erwerb wirtschaftlich genutzter Forstflächen einzudämmen. In beiden Verfahren hatten Steuerpflichtige bestockte Flächen erworben, die wirtschaftlichen Zwecken dienten. In einem Fall handelte es sich um Flächen mit teilweise hiebreifem Baumbestand, im anderen Fall um Flächen mit teilweise erntereifen Weihnachtsbaumkulturen.

Die Steuerpflichtigen hatten den beim Erwerb gezahlten Kaufpreis jeweils aufgeteilt – ein Teil entfiel auf den Grund und Boden, der andere Teil auf den Aufwuchs. Ausschlaggebend dafür war die Auffassung, dass bei einer forstwirtschaftlichen Nutzung nur der Teil des Kaufpreises in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer eingehen dürfe, der auf den Grund und Boden entfällt. Denn nur der Grund und Boden ist zum dauerhaften Verbleib bestimmt, nicht aber der vorhandene Aufwuchs, dessen Wert sich üblicherweise auf die Höhe des Kaufpreises auswirkt. Die Finanzverwaltung berücksichtigte jedoch den kompletten Kaufpreis bei der Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Dadurch ergab sich zwangsläufig eine höhere Steuer als bei der Kalkulation der Steuerpflichtigen.

Da es zu keiner außergerichtlichen Einigung kam, wurden die Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen und erreichten schließlich den BFH. Dieser sah die Grundstückserwerber im Recht. Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer dürfe in den konkreten Fällen nur der (anteilige) Kaufpreis für den Grund und Boden sein. Denn die sich auf einem Grundstück befindlichen (Weihnachts-)Bäume dienten wirtschaftlichen Zwecken. Der Aufwuchs sei als Scheinbestandteil des Grundstücks einzustufen, da bereits zum Zeitpunkt der Aussaat oder Pflanzung beabsichtigt worden sei, den Aufwuchs aufgrund der forstwirtschaftlichen Nutzung früher oder später wieder vom Grundstück zu entfernen, so der BFH. Mangels dauerhaften Verbleibs ist der Aufwuchs demnach kein fester Bestandteil des Grundstücks, und zwar auch dann nicht, wenn zwischen Aussaat oder Pflanzung der Bäume und deren späterer Entnahme ein langer Zeitraum liegt.

Die beiden Urteile des BFH sorgen endlich für Klarheit, wenn es darum geht, die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Kauf forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke zu ermitteln. Eine Herausforderung bleibt dabei weiterhin die angemessene Verteilung des Kaufpreises auf die Bestandteile des Grundstücks.

News vom 27.12.2022