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Neuregelung der Vollverzinsung ab 2019 - Gesetzgeber reagiert auf die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts

Anfang Juli hat auch der Bundesrat dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung zugestimmt. Damit tritt insbesondere die vom Bundesverfassungsgericht geforderte gesetzliche Neuregelung der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen nach § 233a AO rückwirkend zum 1.1.2019 in Kraft. Verkündet wurde das Gesetz Ende Juli im Bundessteuerblatt.

Kurzer Rückblick: Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist es verfassungswidrig, Steuernachforderungen und Steuererstattungen seit dem 1.1.2014 mit einem monatlichen Zinssatz von 0,5 % zu verzinsen, denn das Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt liegt seit Jahren deutlich unter einem Jahreszinssatz von 6 % (12 Monate × 0,5 %). Auch wenn das BVerfG die Verzinsung mit monatlich 0,5 % ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig erklärte, erlaubte es dennoch, die bisherige gesetzliche Regelung bis zum 31.12.2018 anzuwenden. Eine verfassungskonforme gesetzliche Neuregelung musste bis zum 31.7.2022 geschaffen werden – und zwar rückwirkend zum 1.1.2019. Genau das ist nun – sozusagen auf den letzten Drücker – geschehen. Die neue Gesetzeslage sieht vor: Die Verzinsung wird für Verzinsungszeiträume, die nach dem 31.12.2018 liegen, auf 0,15 % pro Monat und damit auf 1,8 % pro Jahr gesenkt.

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 22.7.2022 (IV A 3 – S 0338/19/10004: 007) bekannt gegeben, dass die (Neu-)Berechnung und Festsetzung von Zinsen für Zeiträume ab dem 1.1.2019 für eine Übergangszeit noch ausgesetzt bleiben. Hintergrund der Verlängerung der Aussetzung ist die für die technische und organisatorische Umsetzung der Neuregelung noch benötigte Zeit.

Ob der in § 238 AO festgelegte Zinssatz auch in den kommenden Jahren noch angemessen ist, hat der Gesetzgeber alle zwei Jahre zu überprüfen, erstmals spätestens zum 1.1.2024. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang, wie sich der Basiszinssatz nach § 247 BGB entwickelt.

Abschließend noch folgender Hinweis: Die BVerfG-Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Verzinsung von Steuerforderungen und -erstattungen erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO, also zum Beispiel Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen. Inwieweit auch hier eine Neuregelung des Zinssatzes erforderlich ist, steht noch nicht fest.

News vom 03.01.2023