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Tarifbegünstigung von Gewinneinkünften - Verfassungsgericht fordert Neuregelung

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden: Die auf Gewinneinkünfte beschränkte Begrenzung des Einkommensteuertarifs im Rahmen des Steueränderungs- und Jahressteuergesetzes 2007 ist mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar; es liegt eine ungerechtfertigte Begünstigung der Gewinneinkünfte gegenüber den Überschusseinkünften vor (Beschluss vom 8.12.2021, 2 BvL 1/13).

Ein kurzer Rückblick: Der Gesetzgeber hat im Jahr 2007 gleichzeitig mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45% einen Ausschluss der Gewinneinkünfte von der Erhöhung festgelegt. Die unmittelbare Rechtsfolge war, dass nur Bezieher von Überschusseinkünften – zum Beispiel Personen mit Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit – von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes betroffen waren. Begründet wurde die gesetzgeberische Entscheidung mit dem Unternehmerrisiko, das mit Gewinneinkünften einhergeht.

In seinem Beschluss weist das BVerfG unter anderem auf Folgendes hin: Bei der Einkommensteuer liegt die konkrete Ausgestaltung des Tarifes zwar grundsätzlich im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers. Wenn dieser aber unterschiedliche Tarifverläufe festlegt, muss diese Untergleichbehandlung gerechtfertigt sein. An einer solchen Rechtfertigung fehlt es aber im konkreten Fall. Das unternehmerische Risiko ist kein sachlich einleuchtender Grund für die Differenzierung zwischen Gewinn- und Überschusseinkünften. Denn Risiken bei der Einkünfteerzielung können ebenso bei den Überschusseinkünften entstehen, etwa bei Kapital- oder Vermietungseinkünften und – aufgrund unsicherer Arbeitsmarktlage – selbst bei Lohneinkünften.

Die Konsequenz der Entscheidung: Aufgrund des vom BVerfG festgestellten Verstoßes gegen das Grundgesetz muss der Gesetzgeber bis zum 31.12.2022 eine verfassungskonforme Neuregelung treffen – und zwar rückwirkend für das Veranlagungsjahr 2007.

News vom 30.06.2022