Aufgrund einer Vorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) musste sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage auseinandersetzen, ob bei der Veräußerung von Holzhackschnitzeln ein anderer Umsatzsteuersatz angewandt werden darf als beim Verkauf von zum Beispiel Holzscheiten oder Pellets (Urteil vom 3.2.2022, C-515/20).
Dem BFH-Verfahren lag ein Streit über die Höhe des bei Veräußerung von Industriehackschnitzeln (Herstellung aus Sägerestholz) und von Waldhackholzschnitzeln (Herstellung aus Wipfel- und Schwachholz) für Heizzwecke zur Anwendung kommenden Umsatzsteuersatzes zugrunde. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Veräußerung von Holzhackschnitzeln ermäßigt mit 7 Prozent oder regulär mit 19 Prozent zu versteuern ist. Die Verkäuferin hatte die von ihr gelieferten Holzhackschnitzel ermäßigt besteuert und sollte nach dem Willen des Finanzamtes Umsatzsteuer nachzahlen, weil nach dessen Meinung der reguläre Steuersatz hätte Anwendung finden müssen.
Im Revisionsverfahren vor dem BFH argumentierte die Klägerin (= Verkäuferin der Holzhackschnitzel) mit einer vermeintlichen Ungleichbehandlung bei der Besteuerung von Brennholz-Verkäufen. Denn der Verkauf von Brennscheiten, Holzpellets und Holzbriketts wird zum Beispiel ermäßigt besteuert.
Da auch in Artikel 122 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) der Begriff Brennholz verwendet wird, hielt es der BFH für sinnvoll, zunächst die Auslegung des Begriffs „Brennholz“ vom EuGH klären zu lassen, um sich dann in seiner Entscheidung daran orientieren zu können.
Die Vorlage des BFH an den EuGH umfasste drei Aspekte:
Die Antwort des EuGH: Art. 122 der Richtlinie 2006/112/EG ist dahin auszulegen, dass der Begriff Brennholz jegliches Holz umfasst, das aufgrund seiner objektiven Eigenschaften ausschließlich zum Verbrennen bestimmt ist.
Die Antwort des EuGH: Art. 122 der Richtlinie 2006/112/EG ist dahin auszulegen, dass ein EU-Mitgliedstaat, der in Anwendung dieser Bestimmung einen ermäßigten Umsatzsteuersatz für die Lieferung von Brennholz schafft, dessen Anwendungsbereich auf bestimmte Kategorien von Brennholz-Lieferungen begrenzen kann, sofern der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird.
Die Antwort des EuGH: Dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität steht nicht entgegen, dass die Lieferung von Holzhackschnitzeln nach nationalem Recht vom ermäßigten Umsatzsteuersatz ausgeschlossen ist, obwohl dieser nach den nationalen Rechtsvorschriften den Lieferungen anderer Formen von Brennholz zugutekommt, sofern Holzhackschnitzel und die anderen Formen von Brennholz für den Durchschnittsverbraucher nicht austauschbar sind. Das zu prüfen, ist Sache des nationalen Gerichts.
Nun liegt der Ball wieder beim BFH. Es bleibt abzuwarten, wie dieser die Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers auf unterschiedliche Brennholzarten zum Heizen einordnet. Sind Holzhackschnitzel aus Verbrauchersicht zum Beispiel durch Brennscheite oder Holzbriketts austauschbar? Keine triviale Frage.
News vom 19.07.2022