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Wechsel zur Regelbesteuerung im Jahr 2022 - Vorsteuerabzug im Jahr 2021 trotz Pauschalbesteuerung?

Durch die Novellierung der Regelungen zur Umsatzsteuer-Pauschalierung in der Land- und Forstwirtschaft wurde gesetzlich festgelegt, dass nur noch Betriebe ihre Umsatzsteuer pauschal ermitteln dürfen, deren Gesamtumsatz im Vorjahr die Grenze von 600.000 € nicht überschritten hat (§ 24 UStG).

In der Praxis bedeutet das: Betriebe, die ihre Umsätze im Jahr 2021 pauschal versteuert haben, mussten im Jahr 2022 zur Regelbesteuerung übergehen, wenn der Gesamtumsatz im Jahr 2021 (=Vorjahr) über 600.000 € lag.

Kontrovers diskutiert wurde in Fachkreisen, ob beim Bezug von umsatzsteuerpflichtigen (Vor-)Leistungen im Jahr 2021, die in Endprodukte eingehen, die erst im Jahr 2022 – und dann umsatzsteuerpflichtig – veräußert werden, bereits der Vorsteuerabzug zulässig ist.

Die Position der Finanzverwaltung war diesbezüglich wenig überraschend: Kein Vorsteuerabzug im Jahr 2021, da in diesem Jahr noch die Pauschalbesteuerung Anwendung fand, die den Vorsteuerabzug ausschließt. Damit wollte sich eine GbR, die einen Milchviehbetrieb unterhielt, aber nicht abfinden und erhob Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG).

Die Gesellschaft zog Färsen auf, profitierte bis Ende 2021 von der Pauschalbesteuerung und musste aufgrund der Höhe ihres Umsatzes ab 2022 zur Regelbesteuerung wechseln. Bereits im Jahr 2021 gab die GbR Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab, machte also Vorsteuer geltend. Den Vorsteuerabzug im Jahr 2021 begründete sie mit dem Bezug von Vorleistungen für (umsatzsteuerpflichtige) Ausgangsumsätze, die im Jahr 2022 anfallen würden. Konkret handelte es sich um mit Umsatzsteuer belastete Ausgaben für die Nachzucht. Da das Abkalben erst im Jahr 2022 erfolgte, konnten auch die Tiere erst im Jahr 2022 zur (dann umsatzsteuerpflichtigen) Milcherzeugung beitragen. Da die Kosten im Jahr 2021 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Milcherzeugung im Folgejahr standen, machte der Milchviehbetrieb Vorsteuer geltend. Dagegen sperrte sich das Finanzamt.

Das FG entschied zugunsten des Milchviehbetriebs (Urteil vom 5.5.2022 – 11 K 196/21). Es stellte fest: Hat ein Landwirt oder eine Landwirtin zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs die (durch objektive Anhaltspunkte nachweisbare) Absicht, Ausgangsumsätze seines oder ihres LuF-Betriebs der Regelbesteuerung zu unterwerfen, steht ihm oder ihr der Vorsteuerabzug beim Bezug der für die betreffenden Umsätze benötigten Eingangsleistungen zu. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, denn das Finanzamt hat Revision eingelegt (Az. der Revision: XI R 14/22). Die Entscheidung des BFH bleibt mit Spannung abzuwarten. In allen vergleichbaren Fällen empfiehlt es sich, die Umsatzsteuerjahreserklärungen des Jahres 2021 offen zu halten.

News vom 30.11.2022