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Abfindungen an Mieter vor Sanierung - Keine Herstellungskosten des Gebäudes

Bei Baumaßnahmen an Gebäuden kommt es regelmäßig zum Streit über die steuerliche Einordnung der durch die Maßnahmen entstandenen Kosten. In der Regel pocht die eine Seite (die Steuerpflichtigen) auf den steuerlichen Sofortabzug in dem Jahr, in dem die Kosten entstanden sind; die andere Seite (das Finanzamt) dagegen spricht sich üblicherweise für die Verteilung der Kosten auf die Nutzungsdauer des Gebäudes aus. Im zweiten Fall werden die Ausgaben als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes erfasst und portionsweise über einen längeren Zeitraum steuermindernd berücksichtigt. Der steuerliche Effekt verteilt sich dann über mehrere Jahre.

Dass sich ein Streit über die Verteilung der Kosten durchaus lohnen kann, lässt ein Blick auf die steuerlichen Konsequenzen erkennen. Da sich die Nutzungsdauer eines Gebäudes oft über Jahrzehnte erstreckt, kann der Betrag, der sich in einem Jahr steuerlich auswirkt, sehr gering ausfallen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit einem eher ungewöhnlichen Aspekt im Rahmen des soeben dargestellten Spannungsverhältnisses zu befassen: Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erwarb ein unter Denkmalschutz stehendes, vermietetes Mehrfamilienhaus für rund 1,2 Mio. € und sanierte dieses in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb für rund 600.000 €. Um das Gebäude besser sanieren zu können, bot die GbR den Mietern des Hauses vor Beginn der Baumaßnahmen eine Abfindung für den Fall des Auszugs an. Mehrere Mieter nahmen das Angebot an – sie kassierten die Abfindung und räumten ihre Wohnung. Insgesamt zahlte die GbR Abfindungen in Höhe von 35.000 €. 

Die Gesellschaft behandelte die Abfindungszahlungen als laufenden betrieblichen Aufwand, machte die Zahlungen an die Mieter also in voller Höhe einkunftsmindernd im Jahr des Abflusses steuerlich geltend. Da wollte das Finanzamt aber nicht mitziehen. Nach einer Betriebsprüfung stufte es die Zahlungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten des Gebäudes ein. Die Konsequenz: Der Abfindungsaufwand wurde genauso wie die durch die Sanierung entstandenen Kosten auf die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt, mit der steuerlichen Folge, dass auch der Abzug der Abfindungen nur gestreckt über einen längeren Zeitraum zulässig sein sollte.   

Es kam zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung – und der BFH musste letztlich abschließend über die steuerliche Einordnung der Abfindungszahlungen entscheiden. Das Gericht sah die GbR im Recht und lehnte es somit ab, die Abfindungszahlungen als nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes einzuordnen. Denn die Zahlung einer Abfindung stellt keine Baumaßnahme im engeren Sinne dar. Allein der Umstand, dass Abfindungszahlungen durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten (mit-)veranlasst sind, reichte nicht für die Qualifizierung als Herstellungskosten aus, so der BFH. Die Kosten müssten vielmehr durch die eingeleiteten Baumaßnahmen entstanden sein.

Demnach reicht auch ein möglicherweise existierender Veranlassungszusammenhang zwischen den Abfindungszahlungen und Baumaßnahmen nicht für die Einordnung als Herstellungskosten des Gebäudes aus. Die GbR konnte die Abfindungen damit in vollem Umfang im Jahr der Zahlung steuerlich geltend machen (Urteil vom 20.09.2022 – IX R 29/21).

News vom 01.04.2023