Aktuelles

zurück

Einlegen eines Einspruchs per E-Mail - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid kann nicht nur per Brief oder Fax, sondern auch per E-Mail an das Finanzamt erfolgen. Welcher Einspruchsweg im Einzelfall auch gewählt wird, stets kommt es darauf an, dass der Einspruch rechtzeitig, also fristgerecht erfolgt, da der Bescheid ansonsten zumindest formell bestandskräftig wird. Über die Frage der Einspruchs­einlegung per E-Mail wurde unlängst vor dem Sächsischen Finanzgericht (FG) gestritten.

Der Sachverhalt stellte sich folgendermaßen dar: Der Kläger behauptete, im August 2018 innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist per E-Mail Einspruch gegen seine Einkommensteuer 2015 bis 2017 eingelegt zu haben. Dem widersprach das Finanzamt, da der vermeintlich fristgerecht eingelegte elektronische Einspruch dort nicht auffindbar war. Aus diesem Grund wies das Finanzamt dann den im Mai 2019 nach Angabe des Klägers zum zweiten Mal per Mail übermittelten Einspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig zurück. Die vom Kläger hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde vom Finanzamt nicht gewährt. Denn nach Ansicht des Finanzamtes hätte der Kläger beim angeblichen erstmaligen E-Mail-Versand im August 2018 durch das Anfordern einer E-Mail-Lesebestätigung sicherstellen können, dass sich der fristgerechte Eingang des Einspruchs beim Finanzamt im Zweifel hätte beweisen lassen.

Das Sächsische FG entschied, dem Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben. Zunächst stellte das Gericht fest: Der Nachweis über den behaupteten fristgerecht eingegangenen E-Mail-Einspruch sei im konkreten Fall nicht erbracht. Der Kläger trage dafür aber die Feststellungslast. Allein der Nachweis des Versendens der E-Mail führt noch nicht zum Anscheinsbeweis, dass die Mitteilung dem Empfänger, also dem Finanzamt auch tatsächlich zugegangen sei. Auch der Zugang einer Kopie der E-Mail bei einem weiteren im cc angegebenen Empfänger könne den Nachweis des Zugangs beim Adressaten der E-Mail nicht ersetzen.

Allerdings fehlt es im vorliegenden Fall an einem Verschulden des Klägers die Nicht-Einhaltung der Frist betreffend, stellte das Gericht dann in seinen weiteren Ausführungen fest. Aus diesem Grund sei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auf die Frage, ob eine Lesebestätigung angefordert wurde, komme es dabei nicht an. Denn würde eine Lesebestätigung als Zugangsnachweis verlangt werden, gäbe es bei der Einspruchseinlegung per E-Mail höhere Anforderungen als beim Versenden des Einspruchs per Post bzw. Telefax. Dort genüge nämlich die Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Einwurfs in den Briefkasten bzw. die Vorlage einer Sendebestätigung. Des Weiteren seien der Zugang einer E-Mail und die Lesebestätigung zwei Paar Schuhe. Denn eine E-Mail ist schon vor dem tatsächlichen Lesen zugegangen. Von daher kann die Lesebestätigung nicht mit dem Zugang gleichgesetzt werden (Urteil vom 27.01.2023 – 3 K 744/22).

Ausgehend vom Urteil des Sächsischen FG drängt sich die Annahme auf, dass ein Steuerpflichtiger den Zugang einer E-Mail beim Finanzamt grundsätzlich nicht beweisen kann. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfen daher nicht zu hoch sein. Bei einer normalen E-Mail könnte die korrekte Eingabe der Empfängeradresse und das Vorliegen einer Versandbestätigung bereits ausreichend sein. Sofern es im Zuge des Versands dann auch zu keiner Fehlermeldung (insbesondere zu keiner Unzustellbarkeitsmeldung) kommt, sollte der Zugang beim Empfänger angenommen werden können.

Da das im Gerichtsprozess unterlegene Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt hat, ist das Urteil des Sächsischen FG noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH die Rechtsauffassung der Vorinstanz teilt und sich im konkreten Fall ebenfalls für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheidet (Az. der Revision: VI R 2/23).

News vom 12.12.2023