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Mehrere eigenständige Leistungen bei der Herstellung von Mischfutter - Allgemeiner oder ermäßigter Umsatzsteuersatz?

Dass Details niemals unbedeutend sind, zeigt der nachfolgend geschilderte Fall. Bereits die Überschrift dokumentiert die facettenreich diskutierte Streitfrage.

Der Kläger betreibt unter anderem die Herstellung von und den Handel mit Futtermitteln. Mit auf Lkw installierten mobilen Mahl- und Mischanlagen mahlt er auf Bauernhöfen von den Landwirten bereitgestelltes Getreide. Nach deren Vorgaben gibt er Futteröl, Mineralfutter und/oder andere Zusatzstoffe hinzu – Futteröl verkauft er auch einzeln. Die Anlage saugt das Getreide an, schrotet oder quetscht es abhängig von der gewünschten Futterkonsistenz und leitet es in einen Mischbehälter weiter. Hier werden mitgeführtes Futteröl und/oder Mineralfutter zugegeben. Ist der Vorgang abgeschlossen, gibt die Anlage das fertige Futter aus oder bläst es direkt in das Lager. Das in unterschiedlichen Dosen zugegebene Futteröl soll vorrangig den Schrot mit zusätzlichem Nährstoff (Fett) anreichern. Indem es den beim Mahlen entstehenden Staub bindet, erleichtert es zudem die Futteraufnahme durch das Vieh. Soweit die praktische Seite.

Es folgt der finanzrechtliche Teil: Umsatzsteuersonderprüfung, geänderte Umsatzsteuerbescheide, Einsprüche, Klage vor dem Finanzgericht Nürnberg (Az.: 2 K 703/18). In den Entscheidungsgründen bestätigten die Richter die Auffassung des Unternehmers, dass er keine einheitliche Leistung, sondern zwei eigenständige Leistungen erbringt. Für diese Annahme spricht der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Denn die Leistungen richten sich ausschließlich an Landwirte, die großteils der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen. Ihr Vorsteuerabzug ist von der tatsächlich angefallenen Vorsteuer unabhängig, sodass die Vorsteuer wirtschaftlich eine Definitivbelastung ist und die unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung gleichartiger Eingangsleistungen gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen kann.

Unterliegen die einzelnen Bestandteile eines Leistungsbündels unterschiedlichen Steuersätzen, würde die Annahme einer einheitlichen Leistung und damit eines einheitlichen Steuersatzes insgesamt zu einer abweichenden Steuerbelastung führen. Sie wäre daher nur zulässig, wenn Unternehmer, die das gesamte Leistungsbündel erbringen, und solche, die lediglich einzelne Leistungen anbieten, nicht miteinander im Wettbewerb stehen. So aber verhält es sich nicht. Denn den Landwirten steht es frei, ggf. nur einzelne Leistungen zu beauftragen.

Auch das Preisverhältnis steht der Annahme zweier eigenständiger Leistungen nicht entgegen. Nach den Ausgangsrechnungen ist es von der Dosierung von Futteröl und Mineralfutter im Einzelfall abhängig. Die Entgeltanteile liegen bei der Zugabe von ausschließlich Futteröl überwiegend unter 50 %, zumeist aber deutlich über 10 %. Einen starren Grenzwert hält der Senat für nicht sachgerecht, da sich dann ggf. steuerliche Fehlanreize ergeben, wenn eine höhere Dosierung von Futteröl und Mineralfutter zu einer niedrigeren Besteuerung führen könnte.

Abschließende Gedanken zu der Problematik und die letzte Entscheidung obliegen nun im Revisionsverfahren dem Bundesfinanzhof (Az.: V R 36/18).

News vom 15.05.2019