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Verpachtung eines Gebäudes mit Betriebsvorrichtungen - EuGH spricht sich für einheitliche Leistung aus

Seit vielen Jahren befassen sich die Finanzgerichte mit der Problematik, welche von einem Unternehmer erbrachten Leistungen gegebenenfalls aus umsatzsteuerlicher Sicht eine wirtschaftliche Einheit bilden. Es stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob eine oder mehrere voneinander unabhängige (Haupt‑)Leistungen oder möglicherweise eine Haupt- und damit zusammenhängende Nebenleistungen vorliegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zu diesem Thema nun ein neues, richtungsweisendes Urteil gefällt, das sicherlich an vielen deutschen Finanzgerichten Beachtung finden wird.

Kurz zur Ausgangssituation: Ein Unternehmer verpachtete ein landwirtschaftliches Gebäude zur Putenaufzucht nebst sich im Gebäude befindlicher (Betriebs‑)Vorrichtungen und Maschinen. Die Vorrichtungen und Maschinen waren auf die Nutzung des Gebäudes als Putenaufzuchtstall abgestimmt. Der Verpächter erhielt ein Gesamtentgelt für die Überlassung des Stalls sowie der Vorrichtungen und der Maschinen, welches er insgesamt umsatzsteuerfrei behandelte.

Das Finanzamt ging dagegen von zwei voneinander unabhängigen, selbstständigen (Haupt-)Leistungen aus: Die Verpachtung des Gebäudes zum einen und die Vermietung der Vorrichtungen und Maschinen zum anderen. Während die Verpachtungsleistung vom Finanzamt als umsatzsteuerfrei eingestuft wurde, sollte die Gegenleistung für die Vorrichtungen und Maschinen der Umsatzsteuer unterliegen.

Der Unternehmer ging dagegen von einer einheitlichen wirtschaftlichen Leistung aus, nämlich der Hauptleistung in Gestalt der Verpachtung des Gebäudes und der Nebenleistung in Gestalt der Vermietung von Vorrichtungen und Maschinen. Aufgrund des umsatzsteuerlichen Grundsatzes „Die Hauptleistung teilt das umsatzsteuerliche Schicksal der Nebenleistung“ stufte der Unternehmer sämtliche Leistungen als umsatzsteuer­frei ein.

Zunächst befasste sich das Niedersächsische Finanzgericht mit der Angelegenheit, danach der Bundesfinanzhof (BFH) und schließlich der EuGH aufgrund eines Vorabent­schei­dungsersuchens des BFH (Beschluss vom 26.05.2021 – V R 22/20).

In den Mittelpunkt der Betrachtung rückte Artikel 135 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Denn hier wird festgelegt, dass die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist. Darüber hinaus legt Artikel 135 MwStSystRL aber auch fest, dass die Umsätze aus der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.

Für den BFH ergaben sich daraus Auslegungsfragen. Erfasst die in Artikel 135 MwStSystRL festgelegte Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen

  • nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder
  • auch die Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen in Verbindung mit einer zwischen denselben Parteien vereinbarten Gebäudeverpachtung, die umsatz­steuer­frei ist?

Der EuGH hat in diesem Zusammenhang Folgendes festgestellt: Die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen unterliege nicht der Umsatzsteuerpflicht, wenn die Vermietung eine Nebenleistung zu der Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes sei, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Artikel 135 MwStSystRL steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht werde, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden (Urteil vom 04.05.2023 – C-516/21).

Nun ist es Aufgabe des BFH zu prüfen, ob im konkreten Fall eine einheitliche, wirtschaftliche Leistung vorliegt, wofür vieles spricht.

News vom 10.05.2023