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Veräußerung verpachteter Ackerflächen nach Erbanfall - Übermaßverbot bei der Bewertung

Zwischen einem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt kam es zum Streit darüber, ob geerbte Grundstücke, die zum Teil als Ackerland genutzt und vom Erben fünf Monate nach dem Erbanfall für insgesamt 292.000 € an Dritte veräußert wurden, bei der Bewertung für erbschaftsteuerliche Zwecke als Vermögenswerte eines landwirtschaftlichen Betriebs einzuordnen sind, soweit die Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegen. Genau davon ging das Finanzamt aus. Infolgedessen bewertete es die vom Erben veräußerten Ackerflächen mit dem Liquidationswert (Bodenrichtwert abzüglich pauschaler Liquidationskosten) in Höhe von rund 239.000 €.

Der Erbe war dagegen der Meinung, die Ackerflächen dürften für Bewertungszwecke nicht wie das Vermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs behandelt werden. Stattdessen müsse bei der Festsetzung des Grundbesitzwertes der Ackerflächen der anteilig erzielte Verkaufspreis als niedrigerer gemeiner Wert zugrunde gelegt werden (rund 196.000 €). Dreh- und Angelpunkt war somit die Frage, ob im konkreten Fall ein landwirtschaftlicher Betrieb übertragen wurde.

Da sich die Parteien nicht einigen konnten, kam es zu einem Rechtsstreit, der schließlich den Bundesfinanzhof (BFH) erreichte. Dieser hob die Entscheidung der Vorinstanz auf, die von der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgegangen war (Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.11.2020 – 3 K 369/17). Die Feststellungen des Finanzgerichts (FG) reichten dafür aber nicht aus, stellte der BFH fest und wies darauf hin, dass die Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb übertragen wurde, von besonderer Bedeutung sei, da die Antwort darüber entscheiden würde, nach welchen Vorschriften die Bewertung erfolgen und an welche Voraussetzungen der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts geknüpft werden müsse.

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft liege nur dann vor, wenn Land- und Forstwirtschaft betrieben wird. Der Betriebsbegriff sei demnach tätigkeitsbezogen. Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung durch einen Dritten reiche nicht aus, um land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim Eigentümer der Flächen zu begründen, führte der BFH aus.

Die vom FG getroffenen Feststellungen lassen nach Ansicht des BFH allerdings nicht den Schluss zu, dass die Erblasserin einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft unterhielt. Denn festgestellt wurde vom FG nur die teilweise Nutzung der vererbten Grundstücke als Ackerland sowie deren Nutzungsüberlassung für weniger als 15 Jahre. Ob im konkreten Fall tatsächlich von einem landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen ist, hat das FG im zweiten Rechtsgang zu ermitteln.

Wenn sich herausstelle, dass ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft übergegangen sei, hätte das Finanzamt die Höhe des Grundbesitzwerts zutreffend mit dem Liquidationswert in Höhe von rund 239.000 € festgestellt, so der BFH. Der Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts wäre nach Ansicht des Gerichts nicht möglich, da das sogenannte Übermaßverbot im konkreten Fall nicht verletzt wurde (40 %-Grenze).

Kommt das FG dagegen zum Schluss, dass kein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vererbt worden sei, müssten die Grundstücke erneut bewertet werden – und zwar nach den Vorschriften über die Bewertung von Grundvermögen. Dann bestünde die Möglichkeit, den Nachweis über einen niedrigeren gemeinen Wert zu erbringen (Urteil vom 16.11.2022 – II R 39/20).

News vom 17.09.2023