Aktuelles

zurück

Vorsteuerabzug setzt rechtzeitige Zuordnung voraus - Objektiv erkennbare Anhaltspunkte reichen

Grundsätzlich kann ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut umsatzsteuerlich entweder dem privaten oder dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden. Der Vorsteuerabzug setzt die Zuordnung zum Unternehmen voraus. Die Finanzverwaltung verlangt eine Zuordnungsentscheidung bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung, also bis grundsätzlich zum 31.07. des Folgejahres.

Aufgrund mehrerer höchstrichterlichen Entscheidungen steht mittlerweile fest: Wenn innerhalb der Zuordnungsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Unternehmen vorliegen, ist es unschädlich, wenn die Zuordnung dem Finanzamt erst nach Ablauf der Frist bekannt oder mitgeteilt wird.

Letztlich ist also bei Verzicht auf die ausdrückliche Mitteilung der Zuordnung an das Finanzamt bis zum Ablauf der gesetzlichen Zuordnungsfrist im Zweifel zu prüfen, ob objektiv erkennbare Anhaltspunkte vorliegen, die für eine fristgerechte Zuordnung sprechen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zum Beispiel darüber zu entscheiden, ob eine von einem Steuerpflichtigen angeschaffte Photovoltaikanlage (PV-Anlage) rechtzeitig dem Unternehmen zugeordnet wurde und der Vorsteuerabzug damit zulässig war. Im konkreten Fall hatte es der Erwerber der Anlage unterlassen, die beim Erwerb der Anlage gezahlte Umsatzsteuer in Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das Jahr 2014 anzugeben. In der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2014 war die gezahlte Umsatzsteuer dann zwar als Vorsteuer ausgewiesen, die Erklärung ging aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist beim Finanzamt ein. Das Finanzamt ging daher von einer verspäteten Zuordnung aus und lehnte es ab, die geltend gemachte Vorsteuer bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen.

Gegen diese Entscheidung klagte der Unternehmer mit Erfolg. Denn er hatte im Jahr des Erwerbs der Anlage mit einem Energieversorgungsunternehmen einen sogenannten Einspeisevertrag abgeschlossen. Der Vertrag berechtigte den Betreiber der Anlage zur Einspeisung des gesamten von der PV-Anlage erzeugten Stroms in das Stromnetz. Auf das als Gegenleistung gezahlte Entgelt sollte Umsatzsteuer aufgeschlagen werden. Anfang 2015 wurde auch erstmals auf Grundlage des geschlossenen Einspeisevertrags abgerechnet.

Für den BFH lagen damit nach außen hin erkennbare Anhaltspunkte für die (rechtzeitige) Zuordnung der PV-Anlage zum Unternehmen vor. Der Vorsteuerabzug war damit zulässig – auch wenn das Finanzamt erst nach Ablauf der Zuordnungsfrist von der Entscheidung des Unternehmers erfahren hat (Urteil vom 04.05.2022 – XI R 29/21).

News vom 16.04.2023